Wehrkirche Thalheim
Ähnlich wie auch in Sandersdorf ist die romanische Wehrkirche in Thalheim das älteste Bauwerk und mit ihrem 21m hohen Turm auch das höchste und schon von weitem sichtbar. Erbaut wurde sie um 1150-1170 aus schwerem Porphyrbruchgestein und einigen Findlingen. Mit einer Breite von 10 m und einer Länge von 25 m gliedert sich die Kirche in die vier Teile: Querwestturm, Kirchenschiff, Altarchor und Apsis, wobei sie doch einschiffig bleibt und das Kirchenschiff sich in gleicher Breite an den Turm anschließt. Romanische Baumerkmale, wie die Fugentechnik im Turm und die Kämpferpaare der 3 Bögen sind noch gut erkennbar.
Am Äußeren machen sich einige bemerkenswerte Einzelteile bemerkbar, wie die Ecksteine der Giebelwände oder die Spitze des Apsidendachs, welches noch seine alte spätmittelalterliche Eindeckung in Mönch und Nonne bewahrt hat.
Diese Spitze ist aus Stein und endet in einem steinernen Knopf, über welchem eine durchbrochene Steinplatte eine Öffnung im Giebel des Altarraums verschließt. Der Knopf tritt natürlich nur halbrund vor die Giebelwand. Die Steinplatte ist quadratisch und zeigt ein diagonal gestelltes Kreuz. Dieser Knopf und die Steinplatte geben dem doch sonst so schmuckarmen Gebäude eine sehr reizvolle Wirkung. Aus allen diesen Profilen und Formen geht hervor, daß sie in spätromanischer Zeit gemeißelt worden sind. Die Schmucklosigkeit und die hohen schmalen Fenster lassen deutlich erkennen warum diese Bauform auch als Wehrkirche bezeichnet wird: das Kirchengebäude diente in kriegsreichen Zeiten oft als Schutzraum für die Bewohner des Ortes.
Die Thalheimer Kirche hat sich diese Merkmale der romanischen Epoche wie kaum eine andere im Kreis Bitterfeld erhalten. Nur wenige Umbauten veränderten ihr Aussehen. In den Jahren 1891/ 92 gab es den größten Umbau: die Eingänge an der Nord- und Südseite der Kirche wurden zugemauert und durch den Turm nach Westen verlegt. Über diesem Portal finden die Besucher seither den Spruch:
"Hier ist nichts anderes denn Gottes Haus, hier ist die Pforte des Himmels" aus dem 1. Buch Mose.
Der Turm beherbergt zwei historische Bronzeglocken von 1617 (Dm. 77 cm/ 280 kg) und 1679 (Dm. 94 cm/ 600 kg), die reich verziert sind. Im März 2001 bekamen beide Glocken neue Joche und Klöppel. Am 3. November 2000 wurde in Lauchhammer eine neue dritte Glocke für Thalheim gegossen.
Das Kirchenschiff wirkt durch seine Tonnendecke und seinen zwei Emporen sehr hoch. 1950 wurde an der Südseite die kleine Winterkirche eingerichtet, dazu mußten die Bankreihen geteilt und der Gang in die Mitte gelegt werden.
Der Altarraum hat eine flache Holzkassettendecke. In ihm befindet sich die steinerne Kanzel und der Taufstock aus dem Jahre 1677. Er ist gänzlich aus Holz, achteckig, zweiteilig, tragbar und ist damit eine wahre Rarität. Am oberen Rand des Ständers findet sich die Widmungsaufschrift: "Die hochedelgeborene Frau Anna Helena, geborene von Lüderitz, Witwe von Zanthier hat dieses Werk, wie es ist verfertigen und setzen lassen, Gott zu heiligen Ehren, dieser Kirche zum seligen Gebrauch. Gedenke mir's, mein Gott, zum besten! - 1677". Der Taufstock wurde 1998 von der Dessauer Diplom-Restaurateurin Angela Günther wieder instandgesetzt. In der Apsis befindet sich die Altarmensa mit einer Platte aus rotem Sandstein in der Weihekreuze eingeritzt sind.
Der Altaraufsatz wurde 1692 von dem Maler Simuta gefertigt und von Georg Heinrich von Zanthier gestiftet. Er ist in zwei Teile gegliedert, wobei der untere Teil der ältere ist. Die drei Ölbilder sind auf Holz gemalt und stellen das letzte Abendmahl Jesu mit den 12 Jüngern (unten), die Kreuzigung Jesu (mitte) und Jesu Auferstehung (oben) dar. Die Bilder werden recht und links mit je einem Säulenpaar begrenzt. Links neben dem unteren Bild steht die Figur des Evangelisten Johannes mit seinem Symbol dem Adler und rechts der Evangelist Lukas mit seinem Symbol dem Stier. Auf der linken Seite sind es Ähren und Kornblumen auf der rechten Seite Weintrauben und Weinlaub als Symbole des Abendmahls, die den Altar zieren. Auch der Spruch aus dem 11. Kapitel des 1. Korintherbriefes auf der Predella weist auf das Abendmahl: "Sooft ihr von diesem Brot eßt und von diesem Kelch trinkt sollt ihr des Herrn Todt verkündigen, bis daß er kommt". Der Aufsatz wurde 1998-1999 in den Kirchlichen Werkstätten Erfurt restauriert und zusammen mit dem Taufstock in einem Festgottesdienst zu Christi Himmelfahrt 1999 feierlich wieder ihren Bestimmungen übergeben.